Selen als Adjuvans bei der Behandlung von Colitis ulcerosa

Entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa nehmen immer mehr zu, und die Ernährung spielt dabei eine wichtige Rolle. Selbst wenn man sich gesund ernährt, kann es aufgrund der selenarmen Böden in unserem Teil der Welt eine Herausforderung sein, genügend Selen zu bekommen. Offenbar kann eine Selensupplementierung die Krankheitsaktivität verringern und die Lebensqualität von Patienten mit Colitis ulcerosa verbessern.

Selen unterstützt weit über 25 verschiedene selenabhängige Enzyme (Selenoproteine), die für den Energieumsatz, die Schilddrüsenfunktion, schützende Antioxidantien und viele andere Funktionen wichtig sind. Selenmangel scheint die Ursache für viele Krankheiten zu sein und kann auch die Prognose verschlechtern. Eine Studie wurde an 100 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Colitis ulcerosa durchgeführt. Die Patienten wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, wobei eine Gruppe täglich 200 Mikrogramm Selen und die andere Gruppe ein entsprechendes Placebo erhielt. Die Dauer der Studie betrug 10 Wochen, und weder die Teilnehmer noch die Wissenschaftler wussten, wer was bekam. Zu Beginn und nach Abschluss der Studie wurde die Krankheitsaktivität mit Hilfe des SCCAI-Index (Simple Clinical Colitis Activity Index) bewertet, der Variablen wie Häufigkeit des Stuhlgangs, Durchfall, blutiger Stuhl und allgemeines Wohlbefinden berücksichtigt.
Nach 10 Wochen war der SCCAI-Score in der Selengruppe deutlich gesunken. Eine klinische Verbesserung wurde bei 19 Patienten (38 %) in der Selengruppe beobachtet, während sich nur drei Patienten (6 %) in der Placebogruppe verbesserten. Am Ende der Studie stellten die Forscher außerdem fest, dass sich die Lebensqualität in der Placebogruppe verbessert hatte. Auch der niedrige Selenstatus der mit Selen behandelten Patienten hatte sich verbessert, und sie hatten niedrigere Werte von Interleukin-17, einem Entzündungsmarker. Auf der Grundlage ihrer Ergebnisse kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass eine Selenergänzung als Hilfsmittel für Patienten mit leichter bis mittelschwerer Colitis ulcerosa nützlich ist.

Wie Selen die Darmflora stärkt und Entzündungen reduziert

Die Studie, die im European Journal of Nutrition veröffentlicht wurde, stützt einen früheren Übersichtsartikel, der in Frontiers in Nutrition erschienen ist. Darin beschreiben chinesische Forscher die Rolle von Selen für die Gesundheit des Darms. Eine ausgewogene Darmflora ist wichtig, denn sie hilft uns bei der Verdauung unserer Nahrung und der Produktion bestimmter Vitamine, Neurotransmitter und Milchsäuren. Außerdem hilft sie uns bei der Verstoffwechselung unverdaulicher Kohlenhydrate (Ballaststoffe). Allerdings kann die empfindliche Darmflora durch Faktoren wie moderne, raffinierte Ernährung, die Einnahme von Antibiotika, Stress und andere Dinge leicht gestört werden, so dass potenziell schädliche Bakterien und Pilze die Oberhand gewinnen können. Dies schafft die Voraussetzungen für eine schlechte Verdauung und verschiedene entzündliche Darmerkrankungen (IBD) wie Colitis ulcerosa.
Selen wirkt sich über die folgenden Mechanismen direkt auf die Darmflora aus:

• Die Enzymfunktionen bestimmter Bakterien
• Ein selenhaltiges Milchsäurebakterium (Lactobacillus rhamnose SHA 113) wirkt einer Schädigung des Darms entgegen, indem es eine schützende Verbindung produziert
• Die Immunabwehr des Darms, die schädliche Mikroben und Toxine aus der Nahrung und potenziell schädliche Mikroben aus der natürlichen Darmflora bekämpft
• Verhindert unerwünschte entzündliche Prozesse im Darm, indem es die Aktivität der weißen Blutkörperchen der Immunabwehr reguliert
• Selenhaltige Antioxidantien wie GPX (Glutathionperoxidase) schützen Darmzellen und andere Zellen vor Schäden durch freie Radikale und oxidativen Stress

In diesem Übersichtsartikel kommen die Autoren zu dem Schluss, dass Selenmangel die gesunde Darmflora und die Immunabwehr schädigen kann, was zur Entwicklung von entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa führen kann.

Woher bekommen wir Selen - und warum ist Selenmangel so häufig?

Wir nehmen Selen über Innereien, Fleisch, Fisch und Nüsse (insbesondere Paranüsse) auf. Die landwirtschaftlich genutzten Böden in weiten Teilen der Welt, einschließlich Europa und großen Teilen Chinas, sind jedoch selenarm. Dies spiegelt sich in der gesamten Nahrungskette wider und erklärt, warum die Selenzufuhr von einem Ort zum anderen so stark schwankt, in manchen Fällen um mehrere hundert Prozent. Möglicherweise ist die Einnahme eines Selenzusatzes erforderlich. Selenhefe mit einer Vielzahl von verschiedenen organischen Selenarten hat eine bessere Absorption und Bioverfügbarkeit im Körper. Die meisten Studien, in denen Selen getestet wurde, verwenden Tagesdosen von 200 Mikrogramm.

• Die Colitis ulcerosa ist eine Autoimmunerkrankung, die durch chronische Entzündungen gekennzeichnet ist.
• Ein Teil der Behandlung besteht in erster Linie in einer entzündungshemmenden Ernährung.
• Vitamin D und Fischöl tragen ebenfalls zur Verringerung der chronischen Entzündung bei.

Quellen:

Maryam Khazdouz et al. The effect of selenium supplementation on disease activity and immune-inflammatory biomarkers in patients with mild-to-moderate ulcerative colitis: a randomized, double-blind, placebo-controlled clinical trial. European Journal of Nutrition. 2023

Jinzhong Cai et al. Advances in the study of selenium and human intestinal bacteria. Frontiers in Nutrition. 2022.

Jill Hahn et al. Vitamin D and marine omega-3 fatty acid supplementation and incident autoimmune disease: VITAL randomized controlled trial. The BMJ 26 January 2022