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Kein erhöhtes Blutungsrisiko durch Fischöl

Kein erhöhtes Blutungsrisiko durch FischölJahrzehntelang wurde in der Medizin behauptet, Fischöl erhöhe das Blutungsrisiko, weshalb davor gewarnt wurde, fischölhaltige Nahrungsergänzungsmittel vor einer Operation einzunehmen. Nun zeigt eine umfangreiche, systematische Überprüfung der Studien, die im Danish Medical Journal veröffentlicht wurde, dass Nahrungsergänzungsmittel mit Fischöl Blutplättchen zwar daran hindern, sich anzusammeln, diese biochemische Wirkung jedoch nicht in Zusammenhang mit einem erhöhten Blutungsrisiko bei einer Operation steht. Es ist daher ungefährlich, diese Nahrungsergänzungsmittel weiter einzunehmen – und fettreichen Fisch zu essen.

Aufgrund der blutverdünnenden Wirkung von Fischöl raten Gesundheitsbehörden üblicherweise dazu, die Einnahme von fischölhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln spätestens eine Woche vor einer geplanten Operation zu beenden und erst eine Woche nach der Operation wieder aufzunehmen.
Inzwischen hat sich jedoch gezeigt, dass diese Empfehlungen irreführend sind. Einer neuen Metaanalyse zufolge, die von Forschern der Universität Aarhus in Dänemark durchgeführt wurde, besteht bei Menschen, die Nahrungsergänzungsmittel mit Fischöl einnehmen, während oder nach einer Operation keine erhöhtes Blutungsrisiko.
Die Metaanalyse beruht auf Daten aus 32 Publikationen mit gesunden Menschen und 20 Publikationen mit Menschen, die sich einer Operation unterziehen müssen. Die meisten dieser Publikationen basieren auf randomisierten, placebokontrollierten Studien. Es zeigte sich, dass Fischöl bei gesunden Individuen im Allgemeinen die Aggregation der Blutplättchen herabsetzt und die Gefahr eines Blutgerinnsels verringert. Dennoch erhöht Fischöl nicht die Blutungszeit oder den Bedarf an Bluttransfusionen während oder nach einer Operation.
Wenn man bedenkt, dass ein Stück Lachs so viel Omega-3 enthält wie vier Standardkapseln mit Fischöl, erscheint es zudem unlogisch, dass Gesundheitsbehörden lediglich vor der Einnahme von fischölhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln warnen, nicht aber vor dem Essen von fettreichem Fisch. Woher stammt unser Wissen über Fischöl und dessen gesundheitliche Vorteile tatsächlich? Und warum geben uns Gesundheitsbehörden irreführende Informationen?

Bahnbrechende dänische Forschungsarbeit brachte den Stein ins Rollen

In den 1970er-Jahren reiste der dänische Professor Jørn Dyerberg mit einem Forschungsteam nach Grönland, um die Ernährung und Gesundheit der Inuit zu erforschen. Obwohl Wissenschaftler in dieser Zeit davor warnten, tierisches Fett zu konsumieren, zeigten Dyerberg und sein Team als Erste, dass unter den Inuit trotz ihres hohen Fleischkonsums nur sehr wenige Individuen an kardiovaskulären Krankheiten litten. Die Forscher schrieben diesen Umstand dem hohen Konsum von Fisch, Robbe und anderen Meeresfrüchten mit einem hohen Gehalt an langkettigen Omega-3-Fettsäuren (EPA und DHA) zu. Seitdem untersuchen Wissenschaftler die gesundheitlichen Vorteile von Fischöl, nämlich dessen positiven Einfluss auf das kardiovaskuläre System, die entzündungshemmenden Eigenschaften etc. Heute werden Nahrungsergänzungsmittel mit Fischöl allgemein empfohlen.

Blutplättchen, Blutgerinnsel und Omega-3

Dyerberg und sein Forschungsteam beobachteten ebenfalls, dass die Inuit auf Grönland im Vergleich zur dänischen Bevölkerung eine längere Blutungszeit aufwiesen. Es ist selbstverständlich, dass Blut gerinnen können muss, wenn ein Blutgefäß platzt. Die Blutplättchen sind wie ein zirkulierendes Reparaturset, das das geplatzte Gefäß wieder zusammenklebt und versiegelt. Andererseits können sich Blutplättchen auch ansammeln und ein unerwünschtes Blutgerinnsel bilden, wenn eine Arterienwand durch atherosklerotische Plaques beschädigt wurde oder das Blut nicht ungehindert fließen kann. Tatsächlich beobachteten Dyerberg und sein Forschungsteam, dass die Blutplättchen der Inuit viel mehr Omega-3 enthielten, und nahmen daher an, dass ihre Ernährung mit all den verschiedenen Omega-3-Quellen der Grund für die geringe Rate kardiovaskulärer Krankheiten war. Seither diskutieren Wissenschaftler über Fischöl und dessen Einfluss auf die Blutgerinnung.

Warnhinweise müssen eingestellt werden

Dr. Harry Rice, Forscher und Vizepräsident der Global Organization for EPA and DHDA, begrüßt die neue Publikation des Danish Medical Journal und lobt die entschiedene Überprüfung der Annahmen über Omega-3-Fettsäuren und das Blutungsrisiko durch die Autoren. Rice zufolge sei es kaum überraschend, dass die gründliche Überprüfung von Studien durch die Forscher frühere Berichte bestätigt, nach denen kein Zusammenhang zwischen Fischöl und einem erhöhten Blutungsrisiko festgestellt werden konnte. Er betont außerdem, dass zwei der eingebundenen Studien bei chirurgischen Patienten, die fischölhaltige Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, einen geringeren Bedarf an Bluttransfusionen erkennen lassen. Nach Rice ist es daher an der Zeit, die Warnhinweise gegen die Einnahme von Fischöl im Zusammenhang mit Operationen einzustellen.

Quellen:

Katrine Munk Begstrup, Andreas Engel Krag & Anne Mette Hvas. No Impact of fish oil supplement on bleeding risk; a systematic review. Danish Medical Journal. 2017
http://www.danmedj.dk/portal/page/portal/danmedj.dk/dmj_forside/PAST_ISSUE/2017/DMJ_2017_05/A5366

Stephen Daniels. Fish oils & bleeding risk: Extensive review supports safety of supplements. NUTRA ingredients-usa.com. 2017

http://www.nutraingredients.com/Research/Fish-oils-bleeding-risk-Extensive-review-supports-safety-of-supplements

https://hjerteforeningen.dk/alt-om-dit-hjerte/medicin/naturlaegemidler/oversigt-over-naturlaegemidler/fiskeolie/

Jerk W. Langer. Politikens Store Lægebog. Politikens Forlag 2007

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